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Blitz Hubtransporter 15 SH
Geschichte
Seit Beginn der Industrialisierung ist der innerbetriebliche Transport von
Rohmaterialien sowie Halbfertig- und Fertigprodukten ein wichtiger Teil der
innerbetrieblichen Logistik. Schon früh erkannte Opel, dass man für diese
Anwendung auch Produkte des eigenen Portfolios nutzen kann.
Mitte der 1920er Jahre wurden kleine Schlepper auf Basis des Opel 4 PS
eingesetzt. Mit verkürztem Radstand waren diese Fahrzeuge sehr wendig. Die
veränderten Getriebe sorgten dafür, dass auch mit wenig Motorleistung einer oder
mehrere Anhänger mit hohen Gewichten gezogen werden konnten. Ende 1929 standen
über 30 dieser mit Vollgummirädern ausgerüsteten Fahrzeuge dem internen
Transport im Rüsselsheimer Werk zur Verfügung und beschleunigten diesen
ungemein. Trotz aller Vorteile wurden die eigens angefertigen Wagen nicht an
andere Firmen verkauft, obwohl durchaus Nachfrage danach bestand.
Ebenfalls in den 1920er Jahren gab es in Deutschland viele Firmen, die den
Elektroantrieb als zukunftsfähige und vorteilhafte sowie preiswerte Lösung für
Transportaufgaben bewarben. Doch hier zeigten sich Einschränkungen: der
Aktionsradius war niedriger, die verfügbare Leistung geringer und das Nachladen
dauerte lang.
Probleme, die auch dem Meister der Opel-Transportabteilung Heinrich Müller auf
dem weitläufigen Opel-Werksgelände nicht unbekannt waren. Durch nach sieben
Betriebsstunden erschöpfte Batterien kam es im Werk zu Nachschubproblemen gegen
Schichtende. So reifte die Idee, diese Einschränkungen mit einem
benzingetriebenen Fahrzeug zu lösen. Die Entwicklung des Hubtransporters
begann 1936 und Heinrich Müller - der später als "Hubmüller" bekannt wurde - war
direkt daran beteiligt. Ende 1936 war der erste Prototyp fertig. Man baute
zuerst einen 1,3-Liter-SV-Motor ein, später den ab 1938 zur Verfügung stehenden
1,5-Liter-OHV-Motor. Das Fahrzeug war ein großer Fortschritt. Der mit Benzin
betriebene Motor wurde im und kurz nach dem Krieg aus Versorgungsmangel auch mit
Flaschengas betrieben. Eingesetzt wurden sie in den Werken Rüsselsheim und
Brandenburg. Für die damalige Zeit galt die Entwicklung als bahnbrechend
und so wurde auch der allseits bekannte Name "Blitz" für dieses Produkt benutzt.
Die heutzutage umgangssprachlich als Gabelstapler bekannten Fahrzeuge gab es in
Europa bis dato nicht.
Seine Vorteile wurden natürlich in der Werbeliteratur hervorgehoben. Die
Nutzlast von 3 Tonnen und die maximale Hubhöhe von fast 2 Metern finden eben so
Erwähnung wie die "ständige Einsatzbereitschaft". Der Hinweis, dass der
Kundendienst und die Ersatzteilversorgung über den Opel-Dienst erfolgen, rundet
die Werbung ab. Es wird ebenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass der
Hubtransporter nicht als Fahrzeug im Sinne der Reichsstraßenverkehrsordnung gilt
und somit nicht zugelassen werden muss. Als Option gab es eine
Beleuchtungsanlage bestehend aus zwei Scheinwerfern und einer kombinierten
Schluss-, Brems- und Kennzeichenleuchte. Gebaut wurden 81 Stück im Jahr
1938, 115 Stück in 1939 und weitere 100 Stück noch 1940. Wie viele Fahrzeuge an
andere Kunden verkauft worden waren, ist nicht bekannt. Der Hubtransporter war
noch 1940 zu einem Preis von 3.750 Reichsmark ab Werk zu haben. Nach 1940 wurde
die Produktion in Lizenz bei einem anderen deutschen Fahrzeugbauer fortgeführt.
Hauptabnehmer waren die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Post.
Aufgrund seiner Wendigkeit, geringen Reparaturanfälligkeit und einer guten
Gewichtsverteilung auf die Fläche waren sie bei Opel sehr beliebt. Im Jahr 1976
befanden sich noch etwa 60 Stück im Einsatz, wurden aber schon ab den 1960er
Jahre durch modernere Gabelstapler ersetzt. Mindestens ein erhaltenes
Exemplar (wenn auch umgebaut) steht im Deutschen Landwirtschaftsmuseum in
Hohenheim (Stuttgart).
Literatur
Für die Werkstätten gab es unter anderem einen Ersatzteilkatalog mit
Aktualisierungen und eine Betriebsanleitung. Für den interessierten Kunden
sind bisher zwei bekannte Broschüren ausgegeben worden.
Daten:
Gesamtlänge 2,86 m, Länge der Hubplatte 1,30 m, niedrigste Tiefe der Hubplatte
28 cm.
Rahmen und Fahrwerk:
Der Rahmen besteht aus verschweißten Profilteilen, der Kühlergrill ist vom Blitz
1-Tonner übernommen. Das massive Frontschild dient dem Verschieben von Kisten.
An der Vorderachse gibt es Luftbereifung, an der Hinterachse doppelte
Bereifung mit Vollgummirädern, deren Durchmesser 26 cm und Breite 21 cm
betragen. Der Fahrer sitzt nach rechts gedreht. Die Federung erfolgt mit
einer querliegenden Blattfeder an der Vorderachse.
"Spender" des Kühlergrills und des Motors nebst Anbauteilen war der Opel Blitz
1-Tonner, der 1938 debütierte.
Motor, Antrieb und Hubantrieb:
Opel 1,5-Liter-Motor mit 37 PS/27 kW wie er im Blitz 1,0 Tonner oder Olympia
Modell 1938 verwendet wurde. Bohrung 80 mm, Hub 74 mm, Hubraum 1488 cm³. Die
Steuerung der seitlich im Kopf hängenden Ventile erfolgt über Stirnräder, die
Kühlung mittels Wasserkühlung, Pumpe und Ventilator. Der 30 Liter Kraftstoff
fassende Tank ist links stehend vor dem Fahrer positioniert. Gas, Bremse und
Kupplung werden mit Pedalen gesteuert, wobei das Gaspedal hier abweichend
zwischen Kupplung links und Bremse rechts angeordnet ist.
Die elektrische Ausrüstung besteht aus Lichtmaschine und Anlasser sowie
Zündschloss, Ladekontrollleuchte und Öldruckmesser. Wahlweise konnte noch eine
oben erwähnte Beleuchtungsanlage bestellt werden.
Der Hubtransporter besitzt zwei Getriebe. Eins davon ist das Fahrgetriebe und
das andere das Hubgetriebe. Als Fahrgetriebe dient ein normales
Opel-4-Gang-Getriebe mit Einscheiben-Trockenkupplung. Es hat die bekannten
Übersetzungen: 1. Gang 3,91, 2. Gang 2,47, 3. Gang 1,49 und 4. Gang 1,00. Der
Rückwärtsgang ist mit 4,21 übersetzt. Geschaltet wird mit einem klassischen
Schalthebel, der sich links vom Fahrer befindet. Die maximale Geschwindigkeit
soll unbeladen 40 km/h nicht überschreiten, es könnte aber schneller gefahren
werden.
Das direkt dahinter angeflanschte Hubgetriebe hat mehrere Aufgaben. Es dient dem
Antrieb der Hubvorrichtung und gleichzeitig der Umlenkung der Antriebskraft
zurück zur Vorderachse. Im Normalfall ist die Hinterachse beim Opel Blitz
angetrieben und der Kraftfluss zwischen Motor und Achse geradlinig.
Im Inneren des Hubgetriebes befinden sich unter anderem zwei
Schneckengetriebe, die die beiden Seilrollen wahlweise im Rechts- oder Linkslauf
antreiben. Damit lässt sich die Hubplatte über den Seilzug heben oder senken.
Bedient wird auch dieses Getriebe über einen Schalthebel, der rechts vom Fahrer
angeordnet ist. Mit der Gangwahl vom Fahrgetriebe lässt sich die Hebe- oder
Senkgeschwindigkeit des Hubantriebes wählen. Ein Überfahren der Hebebühne aus
den Führungsschienen wird mit einem Endschalter verhindert, der bei Erreichen
die Zündung des Motors unterbricht.
Die Wartung des Hubtransporters erfolgt wie bei einem normalen Fahrzeug seiner
Zeit.
Lenkung und Bremsen:
Das Fahrzeug besitzt Allradlenkung, der Wendekreis beträgt damit nur 4,5 m. Das
Lenkrad mit einem Durchmesser von 48 cm überträgt seine Bewegung über eine
Schnecken-Segment-Lenkung an beide Achsen. Bei Wendungen um 180° soll die
Geschwindigkeit nicht mehr als 10 km/h betragen.
Die Trommelbremsen werden mit Seilzug betätigt und wirken nur auf die
Vorderachse. Die mechanische Handbremse wirkt auf die gleichen Trommeln.
Quellen
Ersatzteilkatalog Hubwagen 15 SH Modell 1938/39
Werbeblatt von 1940 Opel Post Heft 12/76 Opel Jahrbuch 2004
ISBN 978-3861333388, Podszun